Der Entwurf (I) basiert auf dem Muster des Hog Legend-Tiertransporters der US-Amerikanischen Firma Merritt. Schweine strecken ihre Schnauzen durch die Öffnungen hindurch, um auf sich aufmerksam zu machen. Schweine strecken ihre Schnauzen durch die Öffnungen hindurch, um auf sich aufmerksam zu machen. Aktivist*innen halten im Rahmen von sogenannten Pig Vigils die Transporter kurz vor dem Schlachthof auf, um den Schweinen Wasser und Zuwendung zu geben und Zeug*innenschaft abzulegen. Anschließend teilen sie Videos davon im Internet.

Der zentrale Entwurf (II) basiert auf Tiertransportern ohne Öffnungen, die jene mit Öffnungen zunehmend verdrängen – vor allem in Europa. Die Tiere sind weiterhin unterwegs, in fahrenden black boxes, deren Inhalt – ob tot oder lebendig – nicht mehr visuell erahnt werden kann, selten durch Geräusche und Gerüche und durch das Tor, durch welches der Transporter in den Schlachthof fährt. Das Tor für die Toten – oder das Tor für die, die getötet werden. 

Der Entwurf (III) basiert auf den Belüftungsöffnungen eines US-Amerikanischen Tiertransporters im Maßstab 1:1. Im Werbetext des Herstellers Wilson zu seinem Silverstar-Modell heißt es: " Die größeren, doppelt geprägten, ovalen Öffnungen bieten eine überlegene Luftzirkulation mit Lochmustern, die darauf ausgelegt sind, Leckagen zu minimieren. Ihr Vieh kommt mit weniger Prellungen und geringerem Stress an, dank Wilsons superglatter Innenwände.

Contact Zones / Closure of Openings

Haunting Sculptures I, 2025
Modifizierter Tiertransport-Anhänger "Silverstar" aus dem Videospiel "Farming Simulator”, "Glow-in-the-dark" Polylactid (FDM-Druck), UV-Licht mit Zeitschaltuhr.
3D-Rendering der Skulptur © Pascal Marcel Dreier, 2025



Ausstellungsansicht, Pascal Marcel Dreier, Lena Lieselotte Schuster, Paris van der Thunder, STAY_VANISH_BECOME, Oberösterreichischer Kunstverein, Linz, Österreich. Kuratiert von Victoria Windtner. © Violetta Wakolbinger


Beim FDM-Druckverfahren müssen zumeist zusätzliche Stützen am Modell angebracht werden, um Auskragungen während des Drucks abzustützen. Bei dem der Skulptur zugrundeliegenden Tiertransporter sind die Seitenwände konkav – durch die Aussparungen für die Paneele, mittels derer die Öffnungen, z.B. im Winter oder zum Sichtschutz, verschlossen werden können. Druckt man das Modell mit den Seitenwänden nach unten, muss Stützmaterial in diese Aussparungen gedruckt werden, welches diese komplett verschließt. Dieses Material wurde anschließend nur teilweise entfernt. Das Entfernen des Materials wurde im künstlerischen Prozess ein gezieltes Freilegen der Öffnungen. Einiges Stützmaterial verbleibt an der Skulptur und verweist auf die aktivistischen Prozesse, die sich über diese Ebene verhandeln und diese Öffnungen immer wieder aufreißen und aktivieren.

Closure of Openings

Fensterbeklebung Oberösterreichischer Kunstverein, 2025

Closure of Openings, Installation Folienschnitt auf Fenster; unten im Bild Paris van der Thunder, Reclining Sculptures, im Rahmen der Ausstellung: Pascal Marcel Dreier, Lena Lieselotte Schuster, Paris van der Thunder, STAY_VANISH_BECOME, Oberösterreichischer Kunstverein, Linz, Österreich. Kuratiert von Victoria Windtner. © Violetta Wakolbinger  


[Closure of Openings] beschäftigt sich […] mit den unterschiedlichen Formen der scharfkantigen Stanzungen in den Außenwänden internationaler Tiertransporter […]. Eine erste und letzte momenthafte Kontaktzone mit denjenigen Individuen, die in der Folge auf konsumierbare Massenware reduziert werden. (Text aus: Frederike Middelhoff und Jessica Ullrich, Editorial, In Tiere und Migration, herausgegeben von Jessica Ullrich und Frederike Middelhoff, 9–18. Tierstudien, 19 (2021). Berlin: Neofelis, 2021.)

The Hauling

Found-footage video installation, HD, 7 min. (short version)



“To haul” bedeutet im modernen Sinne schlicht “transportieren”. Es beschreibt aber auch und geht etymologisch zurück auf ein “gewaltsames ziehen”. Wer zieht die Tiere von Station zu Station? Und welche Praktiken / Körpertechniken sind involviert? “The Hauling” wirft einen Blick auf amerikanische Trucker, ihre Trucks und ihren Umgang mit den Tieren.

In the modern sense, "to haul" simply means "to transport". But it also describes – and etymologically goes back to – a "forcible pulling". Who pulls the animals from stop to stop? And what practices / bodily techniques are involved? "The Hauling" takes a look at American truckers, their trucks and how they treat the animals.

Vigilant Practices

Found-footage-video installation, 4K, endless loop, 2020




❶ Touching / Transgressing
❷ Signaling / Snouting / Communicating
❸ Sharing / Witnessing / Mobilising

As part of the master class for media ethnography (Cologne/Siegen) led by Bina Elisabeth Mohn, I began to work with found footage material according to the methods of camera ethnography. The outcome are these video fragments, each of which focusing on a different practice that was witnessed by the camera at pig vigils.   

Arrival

2.1 Sound Installation with CC, 4K, endless loop, 2020
Installation at "Live Stock / Live Animals" in the context of the graduate exhibition (KHM OPEN) at the Academy of Media Arts Cologne. 21.–25. July 2021.


Ein mit Schweinen beladener Transporter trifft am Schlachthof ein. Er wartet kurz. „Arrival" (Ankunft) zeigt Tonaufnahmen, die mit Auszügen aus meinem Feldtagebuch kommentiert sind, das ich 2019 am Tor der Schlachtfabrik Crailsheim führte, wo auch die Aufnahmen entstanden sind, die anschließend zu einer Endlosschleife zusammengefügt wurden.

A van loaded with pigs arrives at the slaughterhouse. It waits briefly. "Arrival" features audio recordings annotated with excerpts from my field diary that I made at the gate of the Crailsheim slaughter factory in 2019, which were then assembled into an endless loop.

Installation View (Live Stock/Live Animals)

Installation with two videos, sawdust, and packed sawdust, at "Live Stock / Live Animals", KHM OPEN, Multispecies Studio, Academy of Media Arts Cologne, 21.–25. July 2021. The Hauling, 2021; Vigilant Practices, 2020; In the background you can hear the sound of the audio and text installation “Arrival” (2020). 


Closure of Openings
Publikation in Tierstudien, 2021

 Impressum

Unruhige Kontaktzonen 



Closure of Openings ist eine Konfrontation mit dem Grauen des Verborgenen. Anhand harmlos wirkender, grafischer Elemente führt Pascal Marcel Dreier die Blicke in keineswegs unschuldige Begegnungszonen der Tierindustrie. Die Gesten des Zeigens und Verbergens erinnern an das visuelle Spiel einer kunsthistorischen Tradition. Dreier überführt die tierindustrielle Praktik des Unsichtbarmachens nicht-menschlicher Tiere in den Kontext zeitgenössischer Kunst und demoliert dabei ihre ursprüngliche Intention. Dreier sensibilisiert für die buchstäbliche und metaphorische Ab-/Anwesenheit nicht-menschlicher Tiere und schafft Bewusstsein für das systematische Verschwindenlassen ihrer zur Konsumation freigegebenen Körper. (Victoria Windtner)

Erbrochenes von Schweinen darf nicht auslaufen[1], Luft muss zirkulieren[2], Köpfe dürfen nicht durchpassen – Schnauzen nur teilweise, nicht zu weit, so leicht wie möglich, so viel Ladefläche wie möglich. Hochpolierte Blech-Trailer mit gestanzten Öffnungen in den USA und Kanada, Aluminium-Hohlkammerprofile und Gitterroste in Deutschland, längliche Öffnungen in Neuseeland, komplett geschlossene in den Niederlanden. Die divergierenden Gestaltungssprachen der Gefährte, die die Tiere immobil und hypermobil zugleich machen[3], offenbaren unterschiedliche Verhandlungen zwischen Effizienz, Regulierung und öffentlicher Wahrnehmung. Tiertransporter versuchen – wie Barthes dining car[4]– den Mitfahrenden ein Gefühl von Stasis zu vermitteln. 

Im Rahmen von Pig Vigils werden Belüftungsöffnungen zu Kontaktzonen. Aktivist*innen reichen Wasser durch die metallenen Spalten, während Schweine durch snouting[5]– das Herausstrecken ihrer Schnauzen – auf sich aufmerksam machen. Diese Momente der Berührung durchbrechen die intendierte Unsichtbarkeit und schaffen prekäre Verbindungen zwischen den Welten innerhalb und außerhalb der mobilen Gefängnisse.

Die im Maßstab 1:1 angefertigten Folienschnitte (1 & 3) funktionieren als negative Abdrücke jener Öffnungen, durch die sich Leben und Tod, Sichtbarkeit und Verborgenheit, Kontrolle und Widerstand verhandeln. In dieser Umkehrung wird das Fenster zur Außenhaut des Tiertransporters und die ursprünglichen Öffnungen zu Formen, die die Sicht versperren. 

Moodboard zur Arbeit


Schon lange beschäftige ich mich mit Dantes Göttlicher Komödie und ihren ästhetischen Ausgeburten, intensiviert in meinen Studienzeiten durch das Seminar Im Kreis der Hölle. Dante in der modernen Kunst bei Prof. Dr. Peter Bexte. Besonders Rodins Höllentor mit seinen frühen Entwurfszeichnungen, die noch näher am florentiner Paradiestor orientiert waren, wurde zur Referenz dieser recherchebasierten, grafischen Arbeit.

Wo Dante die Hölle als Raum der Verdammnis beschrieb und Rodin sie als Monument der menschlichen Leidenschaften ausformte, manifestiert sich hier die Hölle als alltägliche Logistik: systematisch, unsichtbar, in permanenter Bewegung. Dantes Hölle folgt der Logik der Einbahnstraße – man kommt hinein, der Weg zurück ist aber nicht angelegt. Dieselbe Unumkehrbarkeit prägt die Tierindustrie.

Lasst uns unseren Fokus einmal davon abwenden, wie die Schweine transportiert werden, und ihn auf den Umstand richten, dass sie transportiert werden und weshalb. Sie fahren nicht, wie uns die süßen Bilder auf den Anhängern glauben machen wollen, in den Urlaub, sondern in den Tod. Die Zustände, die Aktivist*innen unermüdlich aufdecken, sind katastrophal – doch der bloße Fakt des Massentransports von Tieren zu den Zucht-, Mast- und Tötungsanlagen weltweit ist es, wo die Katastrophe beginnt.

Die Tierindustrie will uns die Tiere aus den Sinnen nehmen, will aus kapitalistischer Gier heraus die Symptome verschwinden lassen, damit wir das zugrundeliegende Problem – die Krankheit – gar nicht erst erkennen. Die verschwindenden Belüftungsöffnungen sind ein Anzeichen dieses Verschwindenlassens der Tiere. Aktivistinnen nutzen diese Belüftungsöffnungen bisher, um mit den Schweinen in den letzten Momenten vor ihrem Tod Kontakt aufzunehmen. Zeuginnenschaft abzulegen.

Dieses wit(h)nessing ist essentiell als (öffentliche) Praxis des Widerstands und der Empathie. 

Ich versuche mit meiner Arbeit, diese aktivistischen Formen der Aufmerksamkeit und des Widerstands an Orte zu bringen, an denen sie bisher unterräpresentiert sind. Ich versuche, diese Phänomene der Tierindustrie und des Tierrechtsaktivismus und seiner Interrelationen ästhetisch zu beforschen, zu bearbeiten. 

Until all cages are empty.


                               Pascal Marcel Dreier, Köln & Berlin, 2025




[1] Schweine werden beim Transport schnell Reisekrank – Übelkeit und Erbrechen sind die Regel. Das beeinflusst die Gestaltung z.B. in Deutschland, wo aufgrund des Seuchenschutzes keine Flüssigkeit aus dem Tiertransporter auslaufen darf. 

[2] Schweine müssen sich ähnlich abkühlen wie Hunde – über Hechelatmung und Hautkontakt mit feuchtem, kaltem Boden und Wasser. Durch die Domestikation leiden die heutigen Schweinezüchtungen weit mehr unter der Hitze und dem Stress eines Transports.  

[3] Dreier, Pascal Marcel. Widerständige Akteur*innen, Narrationen und Körperdatenkörper: Tierliche Im/mobilitäten im Kontext der Tierindustrie. Kunsthochschule für Medien Köln, 2021. (Diplomarbeit)

[4] Barthes, Roland. The Eiffel Tower, and Other Mythologies. 1. California paperback print. Berkeley: Univ. of California Press, 1997.  

[5] Dreier, Pascal Marcel. Vigilant Practices, Found-footage-video installation, 4K, endless loop, 2020

[6] „Silverstar – Wilson Trailer“. Zugegriffen 24. Juni 2025. https://www.wilsontrailer.com/trailers/silverstar/. Übersetzung P.M.D.
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Unruhige Kontaktzonen 



Closure of Openings ist eine Konfrontation mit dem Grauen des Verborgenen. Anhand harmlos wirkender, grafischer Elemente führt Pascal Marcel Dreier die Blicke in keineswegs unschuldige Begegnungszonen der Tierindustrie. Die Gesten des Zeigens und Verbergens erinnern an das visuelle Spiel einer kunsthistorischen Tradition. Dreier überführt die tierindustrielle Praktik des Unsichtbarmachens nicht-menschlicher Tiere in den Kontext zeitgenössischer Kunst und demoliert dabei ihre ursprüngliche Intention. Dreier sensibilisiert für die buchstäbliche und metaphorische Ab-/Anwesenheit nicht-menschlicher Tiere und schafft Bewusstsein für das systematische Verschwindenlassen ihrer zur Konsumation freigegebenen Körper. (Victoria Windtner)

Erbrochenes von Schweinen darf nicht auslaufen[1], Luft muss zirkulieren[2], Köpfe dürfen nicht durchpassen – Schnauzen nur teilweise, nicht zu weit, so leicht wie möglich, so viel Ladefläche wie möglich. Hochpolierte Blech-Trailer mit gestanzten Öffnungen in den USA und Kanada, Aluminium-Hohlkammerprofile und Gitterroste in Deutschland, längliche Öffnungen in Neuseeland, komplett geschlossene in den Niederlanden. Die divergierenden Gestaltungssprachen der Gefährte, die die Tiere immobil und hypermobil zugleich machen[3], offenbaren unterschiedliche Verhandlungen zwischen Effizienz, Regulierung und öffentlicher Wahrnehmung. Tiertransporter versuchen – wie Barthes dining car[4]– den Mitfahrenden ein Gefühl von Stasis zu vermitteln. 

Im Rahmen von Pig Vigils werden Belüftungsöffnungen zu Kontaktzonen. Aktivist*innen reichen Wasser durch die metallenen Spalten, während Schweine durch snouting[5]– das Herausstrecken ihrer Schnauzen – auf sich aufmerksam machen. Diese Momente der Berührung durchbrechen die intendierte Unsichtbarkeit und schaffen prekäre Verbindungen zwischen den Welten innerhalb und außerhalb der mobilen Gefängnisse.

Die im Maßstab 1:1 angefertigten Folienschnitte (1 & 3) funktionieren als negative Abdrücke jener Öffnungen, durch die sich Leben und Tod, Sichtbarkeit und Verborgenheit, Kontrolle und Widerstand verhandeln. In dieser Umkehrung wird das Fenster zur Außenhaut des Tiertransporters und die ursprünglichen Öffnungen zu Formen, die die Sicht versperren. 

Der Entwurf basiert auf dem Muster des Hog Legend-Tiertransporters der US-Amerikanischen Firma Merritt. Schweine strecken ihre Schnauzen durch die Öffnungen hindurch, um auf sich aufmerksam zu machen. Schweine strecken ihre Schnauzen durch die Öffnungen hindurch, um auf sich aufmerksam zu machen. Aktivist*innen halten im Rahmen von sogenannten Pig Vigils die Transporter kurz vor dem Schlachthof auf, um den Schweinen Wasser und Zuwendung zu geben und Zeug*innenschaft abzulegen. Anschließend teilen sie Videos davon im Internet.
Der zentrale Entwurf basiert auf Tiertransportern ohne Öffnungen, die jene mit Öffnungen zunehmend verdrängen – vor allem in Europa. Die Tiere sind weiterhin unterwegs, in fahrenden black boxes, deren Inhalt – ob tot oder lebendig – nicht mehr visuell erahnt werden kann, selten durch Geräusche und Gerüche und durch das Tor, durch welches der Transporter in den Schlachthof fährt. Das Tor für die Toten – oder das Tor für die, die getötet werden. 
Der Entwurf basiert auf den Belüftungsöffnungen eines US-Amerikanischen Tiertransporters im Maßstab 1:1. Im Werbetext des Herstellers Wilson zu seinem Silverstar-Modell heißt es: " Die größeren, doppelt geprägten, ovalen Öffnungen bieten eine überlegene Luftzirkulation mit Lochmustern, die darauf ausgelegt sind, Leckagen zu minimieren. Ihr Vieh kommt mit weniger Prellungen und geringerem Stress an, dank Wilsons superglatter Innenwände.


Schon lange beschäftige ich mich mit Dantes Göttlicher Komödie und ihren ästhetischen Ausgeburten, intensiviert zu meinen Studienzeiten durch das Seminar Im Kreis der Hölle. Dante in der modernen Kunst bei Prof. Dr. Peter Bexte. Besonders Rodins Höllentor mit seinen frühen Entwurfszeichnungen, die noch näher am florentiner Paradiestor orientiert waren, wurde zur Referenz. Wo Dante die Hölle als Raum der Verdammnis beschrieb und Rodin sie als Monument der menschlichen Leidenschaften ausformte, manifestiert sich hier die Hölle als alltägliche Logistik: systematisch, unsichtbar, in permanenter Bewegung. Dantes Hölle folgt der Logik der Einbahnstraße – man kommt hinein, doch der Weg zurück ist nicht zulässig. Dieselbe Unumkehrbarkeit wohnt der Tierindustrie inne.

Lasst uns unseren Fokus einmal davon abwenden, wie die Schweine transportiert werden, und ihn auf den Umstand richten, dass sie transportiert werden und weshalb. Sie fahren nicht, wie uns die süßen Bilder auf den Anhängern glauben machen wollen, in den Urlaub, sondern in den Tod. Die Zustände, die Aktivist*innen unermüdlich aufdecken, sind katastrophal – doch der bloße Fakt des Massentransports von Tieren zu den Zucht-, Mast- und Tötungsanlagen weltweit ist es, wo die Katastrophe beginnt.

Die Tierindustrie will uns die Tiere aus den Sinnen nehmen, will aus kapitalistischer Gier heraus die Symptome verschwinden lassen, damit wir das zugrundeliegende Problem – die Krankheit – gar nicht erst erkennen. Die verschwindenden Belüftungsöffnungen sind ein Anzeichen dieses Verschwindenlassens der Tiere. Aktivistinnen nutzen diese Belüftungsöffnungen bisher, um mit den Schweinen in den letzten Momenten vor ihrem Tod Kontakt aufzunehmen. Zeuginnenschaft abzulegen.

Dieses wit(h)nessing ist essentiell als (öffentliche) Praxis des Widerstands und der Empathie. 

Ich versuche mit meiner Arbeit, diese aktivistischen Formen der Aufmerksamkeit und des Widerstands an Orte zu bringen, an denen sie bisher unterräpresentiert sind. Ich versuche, diese Phänomene der Tierindustrie und des Tierrechtsaktivismus und seiner Interrelationen ästhetisch zu beforschen, zu bearbeiten. 

Until all cages are empty.


                               Pascal Marcel Dreier, Köln & Berlin, 2025




[1] Schweine werden beim Transport schnell Reisekrank – Übelkeit und Erbrechen sind die Regel. Das beeinflusst die Gestaltung z.B. in Deutschland, wo aufgrund des Seuchenschutzes keine Flüssigkeit aus dem Tiertransporter auslaufen darf. 

[2] Schweine müssen sich ähnlich abkühlen wie Hunde – über Hechelatmung und Hautkontakt mit feuchtem, kaltem Boden und Wasser. Durch die Domestikation leiden die heutigen Schweinezüchtungen weit mehr unter der Hitze und dem Stress eines Transports.  

[3] Dreier, Pascal Marcel. Widerständige Akteur*innen, Narrationen und Körperdatenkörper: Tierliche Im/mobilitäten im Kontext der Tierindustrie. Kunsthochschule für Medien Köln, 2021. (Diplomarbeit)

[4] Barthes, Roland. The Eiffel Tower, and Other Mythologies. 1. California paperback print. Berkeley: Univ. of California Press, 1997.  

[5] Dreier, Pascal Marcel. Vigilant Practices, Found-footage-video installation, 4K, endless loop, 2020

[6] „Silverstar – Wilson Trailer“. Zugegriffen 24. Juni 2025. https://www.wilsontrailer.com/trailers/silverstar/. Übersetzung P.M.D.

PROJEKTE


Contact Zones / Closure of Openings

Haunting Sculptures I, 2025
Modifizierter Tiertransport-Anhänger "Silverstar" aus dem Videospiel "Farming Simulator”, "Glow-in-the-dark" Polylactid (FDM-Druck), UV-Licht mit Zeitschaltuhr.
3D-Rendering der Skulptur © Pascal Marcel Dreier, 2025



Ausstellungsansicht, Pascal Marcel Dreier, Lena Lieselotte Schuster, Paris van der Thunder, STAY_VANISH_BECOME, Oberösterreichischer Kunstverein, Linz, Österreich. Kuratiert von Victoria Windtner. © Violetta Wakolbinger


Beim FDM-Druckverfahren müssen zumeist zusätzliche Stützen am Modell angebracht werden, um Auskragungen während des Drucks abzustützen. Bei dem der Skulptur zugrundeliegenden Tiertransporter sind die Seitenwände konkav – durch die Aussparungen für die Paneele, mittels derer die Öffnungen, z.B. im Winter oder zum Sichtschutz, verschlossen werden können. Druckt man das Modell mit den Seitenwänden nach unten, muss Stützmaterial in diese Aussparungen gedruckt werden, welches diese komplett verschließt. Dieses Material wurde anschließend nur teilweise entfernt. Das Entfernen des Materials wurde im künstlerischen Prozess ein gezieltes Freilegen der Öffnungen. Einiges Stützmaterial verbleibt an der Skulptur und verweist auf die aktivistischen Prozesse, die sich über diese Ebene verhandeln und diese Öffnungen immer wieder aufreißen und aktivieren.

Closure of Openings

Fensterbeklebung Oberösterreichischer Kunstverein, 2025

Closure of Openings, Installation Folienschnitt auf Fenster; unten im Bild Paris van der Thunder, Reclining Sculptures, im Rahmen der Ausstellung: Pascal Marcel Dreier, Lena Lieselotte Schuster, Paris van der Thunder, STAY_VANISH_BECOME, Oberösterreichischer Kunstverein, Linz, Österreich. Kuratiert von Victoria Windtner. © Violetta Wakolbinger  


[Closure of Openings] beschäftigt sich […] mit den unterschiedlichen Formen der scharfkantigen Stanzungen in den Außenwänden internationaler Tiertransporter […]. Eine erste und letzte momenthafte Kontaktzone mit denjenigen Individuen, die in der Folge auf konsumierbare Massenware reduziert werden. (Text aus: Frederike Middelhoff und Jessica Ullrich, Editorial, In Tiere und Migration, herausgegeben von Jessica Ullrich und Frederike Middelhoff, 9–18. Tierstudien, 19 (2021). Berlin: Neofelis, 2021.)

The Hauling

Found-footage video installation, HD, 7 min. (short version)



“To haul” bedeutet im modernen Sinne schlicht “transportieren”. Es beschreibt aber auch und geht etymologisch zurück auf ein “gewaltsames ziehen”. Wer zieht die Tiere von Station zu Station? Und welche Praktiken / Körpertechniken sind involviert? “The Hauling” wirft einen Blick auf amerikanische Trucker, ihre Trucks und ihren Umgang mit den Tieren.

In the modern sense, "to haul" simply means "to transport". But it also describes – and etymologically goes back to – a "forcible pulling". Who pulls the animals from stop to stop? And what practices / bodily techniques are involved? "The Hauling" takes a look at American truckers, their trucks and how they treat the animals.

Vigilant Practices

Found-footage-video installation, 4K, endless loop, 2020




❶ Touching / Transgressing
❷ Signaling / Snouting / Communicating
❸ Sharing / Witnessing / Mobilising

As part of the master class for media ethnography (Cologne/Siegen) led by Bina Elisabeth Mohn, I began to work with found footage material according to the methods of camera ethnography. The outcome are these video fragments, each of which focusing on a different practice that was witnessed by the camera at pig vigils.   

Arrival

2.1 Sound Installation with CC, 4K, endless loop, 2020
Installation at "Live Stock / Live Animals" in the context of the graduate exhibition (KHM OPEN) at the Academy of Media Arts Cologne. 21.–25. July 2021.


Ein mit Schweinen beladener Transporter trifft am Schlachthof ein. Er wartet kurz. „Arrival" (Ankunft) zeigt Tonaufnahmen, die mit Auszügen aus meinem Feldtagebuch kommentiert sind, das ich 2019 am Tor der Schlachtfabrik Crailsheim führte, wo auch die Aufnahmen entstanden sind, die anschließend zu einer Endlosschleife zusammengefügt wurden.

A van loaded with pigs arrives at the slaughterhouse. It waits briefly. "Arrival" features audio recordings annotated with excerpts from my field diary that I made at the gate of the Crailsheim slaughter factory in 2019, which were then assembled into an endless loop.

Installation View (Live Stock/Live Animals)

Installation with two videos, sawdust, and packed sawdust, at "Live Stock / Live Animals", KHM OPEN, Multispecies Studio, Academy of Media Arts Cologne, 21.–25. July 2021. The Hauling, 2021; Vigilant Practices, 2020; In the background you can hear the sound of the audio and text installation “Arrival” (2020). 


Closure of Openings
Publikation in Tierstudien, 2021

 Impressum